Wissensbrunch: Next-Gen Finance
- Nathalie Broger
- vor 3 Tagen
- 3 Min. Lesezeit
Croissants, Kaffee und wichtige Fragen, so begann am Dienstag Vormittag unser Wissensbrunch: Next-Gen Finance. Zweieinhalb Stunden voller Impulse, Diskussionen und neuer Perspektiven rund um ein Thema, das in seiner Bedeutung stetig wächst: Finanzbildung für die nächsten Generationen.
Geld ist weit mehr als Zahlen auf einem Konto, es bedeutet Selbstbestimmung, Sicherheit und Unabhängigkeit. Für junge Menschen, die in einer komplexen Welt mit multiplen Krisen und Unsicherheiten aufwachsen, ist finanzielle Bildung nicht einfach ein "Nice to have", sondern ein Schlüssel zum Leben, getreu der Aussage eines Jugendlichen aus einem unserer Workshops: "Wenn ich check, wie Geld funktioniert, hab ich das Gefühl, mein Leben besser im Griff zu haben."
Der Einstieg unseres Vormittags war eine bewusste Einladung zum Perspektivenwechsel. Junge Menschen stehen unter großem Druck zwischen ständiger Erreichbarkeit, multiplen Krisen und dem Bedürfnis nach Sinn und Sicherheit. In diesem Spannungsfeld wird finanzielle Selbstwirksamkeit zu einer wichtigen Ressource.

Mit Sebastian Swoboda und Manfred Elmecker vom Bundesministerium für Finanzen hatten wir zwei Gäste auf der Bühne, die nicht nur strategisch, sondern auch praktisch an der Stärkung junger Menschen arbeiten. Sie stellten uns das "Finanz-Navi" vor, ein digitales Tool, das jungen Menschen Orientierung bietet, alltagsnah und praxisrelevant. Eine Anwendung die zeigt, Finanzbildung kann konkret und wirksam gestaltet werden.

Ein weiteres starkes Praxisbeispiel lieferte Christian Terink, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Mühlviertel West. Er verdeutlichte, warum Finanzbildung tief in der DNA der Sparkassen verankert ist. Die Idee vom Wohlstand für alle begleitet die Institute seit ihrer Gründung. Gerade bei Schüler:innen der Sekundarstufe I sah die Sparkasse großen Nachholbedarf und entschied, aktiv zu werden.
Mit Flip2Go, einem mobilen, interaktiven Financial-Life-Park in Busform, werden Jugendliche in ganz Österreich auf niederschwellige aber stylische Weise an das Thema Geld herangeführt. Für Christian Terink ist das aber nur der Einstieg. Im Mühlviertel wurde zusätzlich ein eigenes, modulares Bildungsprogramm entwickelt. In enger Zusammenarbeit mit Schulen und Lehrkräften wurde ein Curriculum aus sieben Modulen erstellt, das von speziell geschulten Sparkassen-Mitarbeiter:innen über das Schuljahr hinweg unterrichtet wird. Dieses Modell wurde bereits erfolgreich an über 1.000 Schülerinnen vermittelt. Ziel ist es, eine solide finanzielle Basis zu schaffen, auf der dann auch mit Tools wie dem Finanz-Navi aufgebaut werden kann. Im Rahmen der Lehrlingsausbildung werden u.a. finanzielle Bildungselemente fix verankert, durch Challenges, Gamification und reale Projekte mit Budgetverantwortung. So entstehen praxisnahe Lernerfahrungen, die Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit fördern. Laut Christian Terink wachsen Lehrlinge durch diesen Zugang „wahnsinnig schnell“.
Setzen Sie in Ihrer Lehrlingsausbildung bereits Projekte oder Challenges ein, die gezielt den Kompetenzaufbau der Lehrlinge fördern?
0%✅ Ja, regelmäßig
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0%🚫 Nein, aktuell nicht geplant
Im gemeinsamen Wrap-up des Wissensbrunchs wurde deutlich: Finanzbildung ist längst kein Randthema mehr – und steht stellvertretend für viele zentrale Zukunftskompetenzen, die für unsere Gesellschaft, unsere Unternehmen und die Verantwortung gegenüber kommenden Generationen von großer Bedeutung sind. Eine der zentralen Erkenntnisse war, dass nachhaltige Entwicklungsmaßnahmen – ob im Bereich Finanzkompetenz oder generell in der Lehrlingsentwicklung – nur dann wirksam sind, wenn die Führungsebene aktiv mitzieht. Es reicht nicht, einzelne Maßnahmen ins Leben zu rufen – es braucht strategisches Commitment und ein klares gemeinsames Verständnis. Es geht dabei um die Frage des „Wie“: Wie gestalten wir Angebote, die tatsächlich Wirkung entfalten? Und wie schaffen wir es, alle Beteiligten mit ins Boot zu holen?
Wie stark ist die Lehrlingsausbildung in der Führungsebene Ihres Unternehmens verankert und priorisiert?
0%Wird als strategisches Thema gesehen und aktiv unterstützt
0%Wird als wichtig erachtet, aber nicht aktiv gesteuert
0%Wird eher operativ abgewickelt
0%Hat kaum Relevanz auf Führungsebene
Spannend war auch der Blick auf aktuelle Studien. In Österreich zeigt sich ein starkes Gefälle zwischen bildungsnahen und bildungsfernen Schichten. Während gut ausgebildete Jugendliche in Sachen Finanzkompetenz durchaus vorne liegen, zeigen sich in bildungsferneren Milieus große Defizite. Insgesamt belegt Österreich laut PISA-Erhebung Platz 6 von 40, ein gutes Ergebnis im internationalen Vergleich. Doch die berechtigte Frage bleibt: "Reicht es, im Verhältnis zu anderen gut abzuschneiden oder müssen wir den Anspruch höher setzen?"
Auch kulturelle Unterschiede und Generationenfragen wurden diskutiert. Während frühere Generationen Geld oft als Tabuthema behandelten, sprechen junge Menschen heute deutlich offener über Gehälter und finanzielle Sorgen. Dieses veränderte Mindset stellt viele Unternehmen vor Herausforderungen, birgt aber auch Chancen. Wenn Gehaltstransparenz zur Norm wird, wird sich auch das Lohngefüge verändern.

Die Offenheit junger Menschen hat dabei nicht nur mit gesteigerten Ansprüchen zu tun, sondern auch mit realen Existenzängsten. Inflation, hohe Wohnkosten, unsichere Lebensplanung etc., all das wirkt sich direkt auf ihre Erwartungen und Forderungen aus.
Finanzbildung, so wurde deutlich, ist deshalb weit mehr als ein fachliches Thema. Sie ist ein Türöffner für Selbstbestimmung, ein Motor für Chancengleichheit und ein Baustein für gesellschaftliche Resilienz. Dabei reicht es nicht, punktuelle Workshops anzubieten. Es braucht Räume im Alltag, sogenannte „Begegnungszonen“, in denen Fragen entstehen dürfen, Austausch gefördert und Kompetenzen geteilt werden. Diese Zonen könnten nicht nur der Finanzbildung dienen, sondern auch verwandten Themen wie Generationen- oder Konfliktmanagement. Nur so lässt sich der Bedarf, der längst spürbar ist, auch sichtbar machen und mit Leben füllen.
Der Wissensbrunch: Next-Gen Finance war mehr als ein Vortrag, er war ein Ort des Zuhörens, Reflektierens und gemeinsamen Weiterdenkens. Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden für die wertvollen Beiträge, Impulse und das spürbare Engagement!
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