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Mythos Generationen?

von Aaron Scheer und Michael Rechberger

Organisationen stellen sich heute mehr denn je die Frage, wie sie ihre Leistungsträger:innen, High-Potentials und - ganz generell - ihre Mitarbeiter:innen in der Firma halten können. Mit dem ominösen Titel „The Great Resignation“ wird ein Phänomen am Arbeitsmarkt beschrieben, durch das Kündigungen im Zuge der Corona Pandemie ein neues Hoch erreicht haben.


Viele Menschen denken aktuell durch den krisenbedingt erzwungenen Abstand zu ihren Routinen darüber nach, inwieweit sich ihre bisherigen Wertvorstellungen, Lebenskonzepte und Prioritäten noch mit der gegenwärtig erlebten Realität decken bzw. auch noch für ihre persönliche Zukunft stimmen. Sinnstiftung, individuelle Handlungsspielräume, Sicherheit und die Frage "was will ich wirklich, wirklich, wirklich?" werden nicht nur in Bezug auf den Beruf laut hinterfragt.


Trifft dieses Phänomen nur auf bestimmte Generationen zu?


Sind es vordergründig jüngere Arbeitnehmer:innen, die Ihre „sicheren“ Arbeitsplätze verlassen? Sind wirklich alle Gen Y’s auf der Suche nach dem Sinn, oder jedes Mitglied der Generation Z mit einer gewissen Unsicherheit über die Zukunft des Planeten beschäftigt?

Haben alle Babyboomer - und nur sie - ein ausgeprägtes Karriereinteresse? Achten alle der Gen-X auf eine ausgewogene Work-Life-Balance? Sind wirklich alle Gen-Y-er gut ausgebildet und vernetzt? Hat jede:r der Gen-Z eine geringe Arbeitsmoral, kein ausgeprägtes Karriereinteresse oder ein geringes Durchhaltevermögen? Tickt der 14-jährige Bergbauern-Bub aus dem Lungauer Thomatal wirklich gleich, wie der gleichaltrige Sohn einer alleinerziehenden Mutter aus einem Wiener Außenbezirk? Kann man wirklich alle Vertreter:innen einer Generation über einen Kamm scheren? Die Antwort auf alle diese Fragen lautet - wenig überraschend - NEIN.


Woher kommen diese Vorstellungen und Narrative, die Generationen und Ihre Erwartungen pauschal beschreiben?


Die Bezeichnungen "Babyboomer", "Gen-X,Y,Z", "Millennials", "Digital Natives" etc. sind lediglich theoretische Konstrukte, die diese Alterskohorten vereinfacht zu beschreiben versuchen.


In einem Artikel des Soziologen Martin Schröder (2018) mit dem Titel „Der Generationenmythos“ untersucht dieser die empirisch darstellbaren Unterschiede der Generationen. Aus diesem Artikel geht sehr deutlich hervor, dass die vermeintlichen Unterschiede im Sinne einer stärkeren Ausprägung von u.a. Selbstverwirklichung, Wichtigkeit der Karriere, politischem Interesse etc. empirisch nicht verifiziert werden kann. Es scheint, als sei jede Generation in einem gewissen Altersabschnitt mit sehr ähnlichen Dingen beschäftigt. Unter der Berücksichtigung, dass man dieselben Altersklassen miteinander vergleicht, also Personen der Babyboomer Generation als 20-Jährige mit 20-Jährigen der Generation X, konnten keine signifikanten Effekte dargestellt werden.


Sie Fragen sich, was dieses Ergebnis für den Umgang mit anderen Generationen, als der eigenen bedeutet?


Es bedeutet einerseits, dass der Generationenbegriff kein Rezept für den "richtigen" Umgang mit einer Alterskohorte verspricht. Vielmehr kommt es - vereinfacht gesagt - auf die individuellen lebensgeschichtlichen Prägungen, Wertvorstellungen und Glaubenssätze, das eigene Herkunftssystem und auf die daraus entwickelte persönliche Identität an, welche Fähigkeiten und Motive des:r Einzelnen mehr oder weniger ausgeprägt sind.


Für Unternehmen ergeben sich daraus andererseits neue Herausforderungen. Sie versammeln eine Vielzahl von Individuen aus allen Generationen, die sehr eigene Lebenskonzepte verfolgen und sich permanent fragen, ob der psychologisch-materielle Vertrag zwischen Unternehmen und Mitarbeiter:innen für beide Seiten noch attraktiv ist.


Jede Person ist anders. Jeder Lebensabschnitt kommt mit seinen eigenen Bedürfnissen und Sorgen. Diese simplen Einsichten gilt es im Umgang mit allen Mitarbeitenden zu berücksichtigen und mit ihnen aktiv in den Diskurs zu gehen! Die große Anforderung an Führungskräfte: "Alle Mitarbeiter:innen sind gleich zu behandeln - und zwar individuell verschieden!"


Welche Erfahrungen machen Sie mit den unterschiedlichen Generationen in Ihrem Unternehmen? Wir freuen uns auf eine angeregte Diskussion!

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